Fokal - BoNTA
Botulinumtoxin ist ein Gift, welches vom Bakterium Clostridium botulinum produziert wird. Das höchst wirksame Gift führt bei einer Vergiftung zu Magendarmbeschwerden, Doppelbildern, Mundtrockenheit und Atemproblemen und schließlich zur Lähmung der Muskulatur.
Geschichte
Vergiftungen mit diesen Symptomen traten im 18. und 19. Jahrundert gehäuft in Südwestdeutschland auf und wurden mit dem Verzehr von Wurst in Verbindung gebracht, woher das Gift und schließlich auch das Bakterium ihren Namen erhielten (lat. botulus - Wurst).
Bereits der Erstbeschreiber dieser Vergiftung und Erforscher des Botulismus Dr. Justinus Kerner mutmaßte, dass das Gift die Übertragung von Muskel- und vegetativen Nerven unterbricht. Er stellte die Hypothese auf, dass man diese Substanz in sehr viel schwächerer Form aber auch als Therapeuticum einsetzen könne, um die Überaktivität des Nervensystems zu behandeln.
Nach Entdeckung des Bakteriums und Extraktion des eigentlichen Giftes wurden die therapeutischen Möglichkeiten schrittweise aufgedeckt. Erstmals wurde die Substanz in extrem abgeschwächter Form als Therapie des Schielens 1977 in Augenmuskeln von schielenden Patienten injiziert. Nachdem der Veröffentlichung der Ergebnisse 1980 wurde Botulinumtoxin als neue therapeutische Substanz anerkannt.
Anfang der 1980er Jahre wurden nun neben dem Schielen auch der Blepharospasmus, Spasmus hemifacialis, Verkrampfungen der Beinmuskeln und die zervikale Dystonie mit Botulinumtoxin behandelt und erste Studien unternommen, die aufgrund der hervorragenden Ergebnisse den Stellenwert von Botulinumtoxin weiter stützten.
Wirkmechanismus
Botulinumtoxin verhindert die Freisetzung eines bestimmten Botenstoffes von Nervenendigungen. Dieser Botenstoff, Acetylcholin, führt im Gesunden dazu, dass das Signal des Nerven auf den Muskel übertragen wird, der sich dann anspannen kann. Wird diese Übertragung verhindert, kann sich der Muskel nicht mehr oder nur noch teilweise anspannen.
Da Acetylcholin nicht nur bei der Übertragung von Nerv auf Muskel sondern auch bei der Speichel-und Schweißfreisetzung zum Einsatz kommt, kann Botulinumtoxin auch gegen eine Überproduktion dieser Sekrete eingesetzt werden.
Acetylcholin befindet sich in kleinen Bläschen in den Nervenendigungen. Erhält die Nervenendigung ein Signal, verschmelzen diese Bläschen mit der Wand der Nervenendigung und setzen den Bläscheninhalt, das Acetylcholin, nach außen frei. Dort haftet es sich dann an die in unmittelbarer Nähe liegende Muskelzelle, Speichel-oder Schweißdrüse, um dann die Aktion Muskelanspannung oder Sekretausschüttung herbeizuführen.
Botulinumtoxin verhindert die Freisetzung von Acetylcholin, indem es die Verschmelzung der Bläschen mit der Wand der Nervenendigung verhindert.
Anwendung
Um den Effekt auf einen Muskel zu begrenzen und seine Wirkung nicht dem gesamten Körper zuzuführen, wird Botulinumtoxin mit einer Nadel in den Muskel injiziert. Gleiches wird durchgeführt, um Speichel- oder Schweißdrüsen zu lähmen.
Aufgrund der unterschiedlichen Größe der Muskeln werden unterschiedliche Konzentrationen für verschiedene Muskeln injiziert, um die Überaktivierung zu unterbinden. Dabei gibt es jedoch teilweise deutliche Unterschiede zwischen Personen, sodass es kein Grundrezept gibt.
Das erklärt, warum man erst die richtige Dosis für das jeweilige Problem des Patienten finden muss. In der Regel hält der Effekt etwa 8-12 Wochen an. Das bedeutet, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Injektion in regelmäßigen Abständen stattfinden muss, um den gewünschten Effekt beizubehalten.
Nebenwirkungen
Wenn einem Nachlassen der eigentlich guten Injektionswirkung im Langzeitverlauf eintritt, kann das mehrere Ursachen haben. Entweder schreitet die Erkrankung fort, sodass eine höhere Dosierung von Botulinumtoxin benötigt wird. Es kann allerdings auch sein, dass der Körper Antikörper gegen Botulinumtoxin entwickelt hat und dessen Wirkung neutralisiert.
Höhere Dosen Botulinumtoxin machen es wahrscheinlicher, dass der Organismus Antikörper ausbildet. Eine neue Formulierung von Botulinumtoxin mit weniger Eiweiß-Gehalt kann jedoch die Wahrscheinlichkeit reduzieren, Antikörper zu bilden.